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Minimal Processing in automatisierten Prozessketten der Fleischverarbeitung am Beispiel der Feinzerlegung von Schweinefleisch (Schinken)

Verbundprojekt


Förderkennzeichen: DFG/AiF-Cluster 4
Laufzeit: 01.06.2010 - 31.05.2013
Fördersumme: 2965050 Euro
Koordinierende Einrichtung: Lehrstuhl für Strömungsmechanik

Prozessketten in der Lebensmittelproduktion befinden sich zunehmend im Spannungsfeld zwischen Kundenakzeptanz, Produktqualität, Automatisierungsgrad, Betriebsökonomie und Prozessökologie. Ungeachtet dessen fehlen ganzheitliche Ansätze im Sinne eines durchgängigen, d.h. generalisierten, Minimal Processing bisher völlig. Minimal Processing im Sinne des vorliegenden Clusters beinhaltet nicht nur eine schonende Behandlung des Produkts mit dem Ziel der Vermeidung unerwünschter Prozesseinwirkungen sowie hoher Naturbelassenheit und ernährungsphysiologischer Wertigkeit, sondern insbesondere auch eine ganzheitliche Betrachtung aller relevanten Produkt-, Betriebsmittel-, Energie- und Informationsströme, um den Einsatz von betrieblichen Ressourcen sowie die Belastung der Umwelt unter strikter Wahrung von Lebensmittelsicherheit und Wirtschaftlichkeit zu minimieren. Die konsequente Umsetzung eines derartigen Minimal Processing erfordert demgemäß eine automatisierte Produktionslogistik, welche ganzheitlich (i) eine physikalische, biochemische und mikrobiologische Produkt- und Prozessbeobachtung realisiert, (ii) auf der Grundlage von hieraus abzuleitenden Prozessdiagnosen und -prognosen die Ströme an Materie, Energie und biologischer Aktivität (bzw. Fleischquaität) einstellt und (iii) den effizienten, produktadaptiven Einsatz von Verarbeitungsprozeduren und -werkzeugen unter besonderer Berücksichtigung der maximalen Nutzung von wertgebenden Bestandteilen, unter Vermeidung von Verunreinigungen durch produkteigene oder fremde Stoffe sowie unter Erhaltung des optimalen Hygienestatus ermöglicht. Bei der hier als Beispiel betrachteten Prozesskette der Feinzerlegung von Schweinefleisch zur Herstellung von Schinken erfolgt – im Unterschied z.B. zur Grobzerlegung – die Verarbeitung mangels Automatisierungsmöglichkeiten derzeit hauptsächlich noch in manueller Form. Das betrifft insbesondere das Auslösen von qualitativ hochwertigen Fleischteilen vom Knochen. Als Maxime gilt aus wirtschaftlicher Sicht die weitgehende Gewinnung aller wertvollen Bestandteile unter möglichst geringen Verlusten bzw. Verunreinigungen, beispielsweise durch Knochensplitter. Darüber hinaus trägt jeder Lebensmittelunternehmer gemäß der einschlägigen Verordnungen und rechtlichen Bestimmungen die Verantwortung für die Sicherheit und Qualität der Lebensmittel und hat gemäß Produkthaftungsgesetz die Haftung für fehlerhafte Produkte zu übernehmen. In der gegenwärtigen Feinzerlegung werden die Fleischstücke durch Mitarbeiter zerteilt, die zugleich die Qualität beurteilen und anhand dieser Beurteilung die Stücke sortieren und die weitere Verwendung festlegen. Dabei erfolgt auch eine visuelle Prüfung der Stücke bezüglich unerwünschter Gewebeveränderungen, z.B. durch Abszesse, und anderer Qualitätsfehler. Diese körperlich anstrengende Tätigkeit ist auf der einen Seite monoton, da immer die gleichen Schritte ausgeführt werden müssen. Auf der anderen Seite erfordert die Variabilität der Einzelstücke eine jeweils individuelle Auswahl der optimalen Schnittführung. Erschwerend kommt hinzu, dass diese Arbeiten aus hygienischen Gründen bei sehr niedrigen Temperaturen, in der Regel bei unter 12°C, durchgeführt werden. Die im Kernleitsatz der Automatisierung stehende körperliche Entlastung des Menschen nimmt deshalb eine Schlüsselrolle dieses Clustervorhabens (DFG/AiF-Cluster 4) ein. Der derzeit geringe Automatisierungsgrad in der industriellen Praxis ist nicht zuletzt durch die physiko-chemische Komplexität des Fleisches bedingt, welche zugleich die Informationsgewinnung durch Beobachtung von Produkt und Prozess deutlich erschwert. So führen mögliche Fehler bei der manuellen Fleischzerlegung und der Einstufung in unterschiedliche Qualitätsstufen – etwa durch einen unnötigen zusätzlichen Materialfluss – zu einer Verschwendung von Ressourcen, namentlich von Personal, Betriebsund Hilfsmitteln, Lager- und Produktionsräumen und von Energie. Zusätzlich zu diesen offensichtlichen Optimierungspotentialen in der Wertschöpfung und Ertragserhöhung liegen weitere in der Minimierung notwendiger Reinigungszyklen und nicht zuletzt in der Fleischqualität durch Minimierung des Zeitbedarfs für die Verarbeitung, welche sich zugleich auf die Produktfrische und somit auf die Kundenakzeptanz auswirkt. Die genannten Fakten verdeutlichen, dass die Entwicklung eines generalisierten Minimal Processing in den Prozessketten der Fleischverarbeitung die Berücksichtigung aller Schlüsselelemente des Material-, Energie- und Informationsflusses erfordert. Minimal Processing bedeutet des Weiteren, die biologische Aktivität des Fleisches als Maß für dessen Frische maximal und diejenige der unerwünschten Mikroorganismen minimal zu halten. Dabei bedarf die Umsetzung zunächst zwingend einer Anlage hinreichend hohen Automatisierungsgrads. Allerdings charakterisieren die oben angeführten Randbedingungen auch die überaus hohen Herausforderungen für eine derartige Lösung. Hierbei ist zu berücksichtigen, dass biologische Materialien aufgrund der erheblichen Streuung in der lokalen Verteilung der Komponenten, z.B. Fleischgewebe und Knochen, mit hoher Präzision verarbeitet werden müssen. Weiterhin sollen Qualitätsmängel im Fleisch, wie z.B. Gewebeveränderungen, Blutgerinnsel, u.ä., sicher erkannt und die Teile entsprechend aus dem Materialfluss ausgesondert werden. Natürlich muss die Funktionalität der Automatisierung auch bei den angewandten tiefen Temperaturen garantiert werden. Die Gesamtkonstruktion hat indessen den Ansprüchen an Maschinen für den Lebensmittelbereich hinsichtlich Hygienic Design und Reinigbarkeit als grundlegende Bausteine des zur präventiven Gefahrenabwehr und Eigenüberwachung erforderlichen Hazard Analysis and Critical Control Point (HACCP)-Konzepts gerecht zu werden. Im Mittelpunkt des Clusterprojekts 'Minimal Processing in automatisierten Prozessketten der Fleischverarbeitung am Beispiel der Feinzerlegung von Schweinefleisch (Schinken)' stehen dabei folgende Fragen, die in einem interdisziplinären Forschungsverbund geklärt werden sollen: • Welche Maßnahmen sind zu ergreifen, um den Prozess der Feinzerlegung von Schweinefleisch im Sinne eines ganzheitlichen Minimal Processing zu führen? • Welche Prozessinformationen sind zur Automatisierung der Feinzerlegung unter Sicherung einer hohen Produktqualität notwendig? • Welche Informationen erfordert die Simulation des Zerlegeprozesses, um eine auf den jeweiligen Bedarf hin optimierte Kapazitätsplanung des Prozesses zu ermöglichen? • Welche Messgrößen eignen sich zur zuverlässigen Beurteilung der Fleischqualität und wie lassen sich diese in ein online-Messverfahren überführen? • Wie lässt sich der hygienische Zustand der Zerlegebox eindeutig charakterisieren und welche Reinigungsmaßnahmen sichern einen einwandfreien hygienischen Zustand? Die Lebensmittelindustrie ist stark mittelständisch geprägt. 55 % der rund 6.000 Betriebe beschäftigen weniger als 50 und 98 % der Betriebe weniger als 500 Mitarbeiter. In Deutschland wurden im Jahr 2008 ca. 8 Mio. t Fleisch (davon ca. 5,1 Mio. t Schweinefleisch) erzeugt. Die Anzahl der Schlachtungen lag bei Schweinen bei 54 Mio. In der Schlachtung (ohne Geflügel) und in der Fleischverarbeitung waren 2008 ca. 98.000 Beschäftigte in 1.260 Betrieben tätig und erwirtschafteten einen Umsatz von 35 Mrd. €. Pro Kopf wurden 2007 ca. 90 kg Fleisch verbraucht, dabei entfielen über 55 kg alleine auf Schweinefleisch. Die Ergebnisse des Vorhabens sind nicht nur für die fleischverarbeitende Industrie von Relevanz, sondern gleichermaßen für den Maschinenbau und die Hersteller von Sensoren, der Informationstechnologie und Automatisierungstechnik. Die Nahrungsmittel- und Verpackungsmaschinenindustrie gehört mit einem Produktionsvolumen von 11 Mrd. € (2008) zu den größten Fachzweigen im deutschen Maschinenbau. 650 Unternehmen mit etwa 60.000 Beschäftigten sind hier tätig. Dabei stellt der Fleischverarbeitungsmaschinenbau mit einem Produktionsvolumen von 722 Mio. € die größte Teilbranche dar. Die Bedeutung dieser Teilbranche zeigt sich auch darin, dass ihr Welthandelsanteil bei über 30 % liegt. Die Erarbeitung einer neuartigen Zerlegetechnik für Fleisch, inkl. der Entwicklung der dazu notwendigen Sensor- und Automatisierungstechnik, bietet diesen Unternehmen die Chance, ihre Marktstellung durch innovative und spezielle Produkte zu sichern und auszubauen sowie ihre Weltmarktstellung zu sichern.

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Verbundbereiche

Minimal Processing in der automatisierten Feinzerlegung von Schweinefleisch

Leitende Einrichtung: Lehrstuhl für Strömungsmechanik

Forschungsprojekte

Physikalisches Imaging zur Struktur- und Texturerkennung bei der Fleischverarbeitung

Leitende Einrichtung: Lehrstuhl für Brau- und Getränketechnologie

Forschungsprojekte

Reinigungs- und hygieneorientiertes Maschinenkonzept zur ganzheitlichen Umsetzung von Minimal Processing in der Fleischverarbeitung

Leitende Einrichtung: Fraunhofer-Anwendungszentrum für Verarbeitungsmaschinen und Verpackungstechnik

Forschungsprojekte

Differenzierung von Autofluoreszenzsignaturen zur Online-Erfassung bakterieller Kontaminanten in der automatisierten Fleischzerlegung

Leitende Einrichtung: ATB Fachabteilung 6 Technik im Gartenbau

Forschungsprojekte

Grundlagenuntersuchungen zur Raman-Sensorik von Lactat für eine automatisierbare Beurteilung der Fleischqualität in der Prozesskette

Leitende Einrichtung: Forschungsstelle für Nahrungsmittelqualität

Forschungsprojekte

Entwicklung von Analysenmethoden zur Etablierung einer online-fähigen Beurteilung von Fleisch

Leitende Einrichtung: MRI - Institut für Sicherheit und Qualität bei Fleisch

Forschungsprojekte

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