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Der Sympathieträger Kiebitz als Botschafter: Umsetzung eines Artenschutz-Projektes zur Förderung des Kiebitzes in der Agrarlandschaft

Projekt

Produktionsverfahren

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Produktionsverfahren


Förderkennzeichen: TI-LR-08-PID1669
Laufzeit: 01.08.2014 - 30.08.2019
Forschungszweck: Bestandsaufnahme & Abschätzung

Bis in die 50er Jahre war der Kiebitz ein häufiger Bewohner der Kulturlandschaft. Seitdem sind seine Bestände stark rückläufig. Welche Agrarumweltmaßnahmen können Kiebitzen helfen, auf ackerbaulich genutzten Flächen zu siedeln? Der Kiebitz ist eine von gut 30 Tierarten, für die Deutschland im Rahmen des Bundesprogrammes biologische Vielfalt eine besondere Verantwortung übernommen hat. Er ist als typischer Wiesenbrüter und Bewohner des Feuchtgrünlands bekannt. In den letzten Jahrzehnten wurden viele Wiesen und Weiden intensiver genutzt (häufigerer Schnitt, höhere Weidetierdichte auf den Flächen, dichtere Pflanzenbestände). Mit einer zunehmenden Nutzungsintensität sinkt die Wahrscheinlichkeit, dass Nester und Küken auf Grünland überleben. In einigen Regionen Deutschlands sind mittlerweile ackerbaulich genutzte Standorte die wichtigsten Brutgebiete des Kiebitzes. Der Kiebitz benötigt für seinen Neststandort weite, offene Flächen mit kurzer Vegetation. Aus diesem Grund ist er häufig in Sommerkulturen (insbesondere Zuckerrübe und Mais) zu finden. Bisher ist jedoch kaum bekannt, welche Faktoren ein Vorkommen und den Bruterfolg des Kiebitzes auf Ackerflächen bestimmen. Im Rahmen unseres Projekts wollen wir diese Faktoren identifizieren. Basierend darauf wollen wir kulturspezifische Vorschläge für die Bewirtschaftung entwickeln, die erfolgreiche Kiebitzbruten im Ackerbau ermöglichen. In acht Projektregionen in sechs Bundesländern untersuchen wir Kiebitzvorkommen auf Ackerstandorten wissenschaftlich. Gemeinsam mit Landwirten werden Maßnahmen zum produktionsintegrierten Kiebitzschutz erprobt, hinsichtlich ihrer Effektivität und ihrer betrieblichen Praktikabilität und des Aufwandes bewertet und weiterentwickelt. Das Thünen-Institut für Ländliche Räume koordiniert die Untersuchungen in der Region Braunschweig. Wir identifizieren Faktoren, die Kiebitze auf ackerbaulich bewirtschafteten Flächen, insbesondere in der Zuckerrübe, begünstigen. Hierzu werten wir betriebsspezifische Daten aus: Wie wurden Flächen, auf denen Kiebitze brüteten, bewirtschaftet? Ferner schätzen wir die Akzeptanz von Maßnahmen zum Kiebitzschutz durch landwirtschaftliche Betriebe ab. Auf nationaler Ebene soll im Weiteren abgeschätzt werden, wie effizient und effektiv die Maßnahmen sind. Die Untersuchung verknüpft ein vogelkundliches Monitoring der Kiebitzbestände in den Projektregionen mit Analysen der ackerbaulichen Praxis und betriebswirtschaftlichen Gegebenheiten der landwirtschaftlichen Betriebe. Zusätzlich versuchen wir, die Implementationskosten für die Überführung von effektiven Maßnahmen in Agrar-Umwelt-Programme abzuschätzen. Mit Hilfe des regionalisierten Agrarsektormodelles RAUMIS sollen Projektionen für die Populationsentwicklung des Kiebitzes für ausgewählte Szenarien erstellt werden. Erste Ergebnisse aus dem Jahr 2015 2014 und 2015 wurden in der Region Braunschweig Kiebitze erfasst. Ferner wurden Maßnahmen zum Gelegeschutz und eine Reihe von flächenhaften Maßnahmen erprobt, die der Verbesserung der Lebensraumqualität auf ackerbaulich genutzten Flächen dienen sollen. Als Bewohner des Offenlandes benötigt der Kiebitz gut überblickbare Flächen. Der Grad der Bodendeckung und die Höhe der Vegetation zu Beginn der Brutzeit Ende März/Anfang April sind entscheidende Kriterien für die Attraktivität einer Fläche als Bruthabitat. Des Weiteren bevorzugen die Vögel die räumliche Nähe zu Feuchtstellen und Kleingewässern. Im Raum Braunschweig ist die Zuckerrübe ein wichtiges Bruthabitat für den Kiebitz: Etwa die Hälfte der in der Region Braunschweig erfassten Gelege wurde auf Zuckerrübenfeldern gefunden. Auf Maisäckern lag etwa ein Viertel der Nester. Unseren ersten Ergebnissen zufolge stimmen die Bewirtschaftungspraxis beim Zuckerrübenanbau und die daraus resultierenden Flächeneigenschaften im Frühjahr vergleichsweise gut mit den Ansprüchen des Kiebitzes überein. Die Bestellung der Zuckerrübenfelder erfolgt Anfang April; bei milder Witterung auch bereits Ende März. In der Regel sind die mechanischen Arbeitsgänge auf Zuckerrübenfeldern somit vor Beginn der Brutzeit des Kiebitzes abgeschlossen bzw. es verbleibt noch ausreichend Zeit für Nachgelege. Wenn keine mechanische Unkrautbekämpfung erfolgt, sind Gelegeverluste in Zuckerrübenfeldern nach der Bestellung selten. Auf mehreren Zuckerrübenschlägen, auf denen keine besonderen Schutzmaßnahmen ergriffen wurden, hatten die Kiebitzpaare im Durchschnitt zwischen 1,5 und 2 flüggen Jungen. Zum langfristigen Erhalt der Population müssen Kiebitzpaare im Schnitt 0,6-0,8 Junge pro Jahr großziehen. Anders stellt sich die Situation beim Mais dar. Hier erfolgt die Bestellung später (Mitte bis Ende April). Beim Mais wurde ein Schlupferfolg von nur etwa 15 % festgestellt. Eine Markierung der Kiebitznester kann im Mais effektiv Gelegeverluste durch Bewirtschaftung verhindern. Die Maßnahmen zur Verbesserung der Lebensraumqualität zeigten unterschiedlichen Erfolg. Weder durch das Eggen von Ackergrasbeständen, die Aussaat von Sommergetreide mit doppeltem Reihenabstand und die „unbegrünte Kiebitzinsel“ konnten die erwünschten Vegetationsstrukturen geschaffen werden. Mit der „begrünten Kiebitzinsel“ lässt sich dagegen vergleichsweise gut Vegetationsstruktur und –zusammensetzung der Maßnahmenflächen steuern. An diese positiven ersten Erfahrungen wird in den kommenden Jahren angeknüpft.

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