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Erhöhte Phagensicherheit in Molkereien durch hochspezifische molekulare Phagen-Nachweissysteme und eine orthogonale Prozessstrategie zur Phagenreduktion in Molke

Projekt

Ernährung und Verbraucherschutz

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Ernährung und Verbraucherschutz


Förderkennzeichen: MRI-MBT-08-KI-320-1040 Phagen, AiF 19353 N
Laufzeit: 01.03.2017 - 29.02.2020
Forschungszweck: Experimentelle Forschung
Stichworte: Lebensmittelsicherheit, Lebensmittelproduktion

Laut Literatur sind Bakteriophagen der Milchsäurebakterien (Lactococcus lactis) auch in Rohmilch nachzuweisen. In zwei vorherigen FEI-Projekten (AiF 14339 N, 2007; AiF 15886 N, 2010) wurde gezeigt, dass - mit wenigen Ausnahmen - die Molkerei-Bakteriophagen der mesophilen Säuerungs- und Aromakulturen die Kurzzeit-Pasteurisation überstehen. Somit könnten diese Phagen in den Käsungsprozess gelangen. Treffen die Phagen auf sensitive Wirtsbakterien, so vermehren sie sich bis zu einem Titer von bis zu 109 Plaque-bildenden Einheiten (PbE) / ml Molke oder g Käse. Werden phagenbelastete Molkeprodukte im Betrieb recycelt, können Fermentationsstörungen die Folge sein. Bisher kann „Phagenfreiheit“ von Molke weder schnell geprüft noch garantiert werden. Im abgeschlossenen IGF-Projekt (AiF 16714 N, 2015) wurde dazu ein neues, hochspezifisches molekulares Nachweissystem basierend auf der LAMP-Methode erforscht und entwickelt. Innerhalb von 1,5 Stunden können gezielt vier besonders thermoresistente L. lactis Problemphagen der 936 Gruppe in einer Molkenprobe mit einer Nachweisgrenze von 103 PbE / ml detektiert werden. Darüber hinaus wurden in zwei IGF-Projekten (14339 N, 2007; AiF 15886 N, 2010) experimentelle Daten zur thermischen Inaktivierung thermoresistenter Phagen ermittelt, die inzwischen erfolgreich für das Auslegen der thermischen Behandlung in Prozessen genutzt werden. Allerdings werden beim thermischen Inaktivieren der Phagen Molkenproteine denaturiert, so dass dies keine Option für funktionelle Molkenproteinpräparate mit hohem Anteil an nativen Molkenproteinen darstellt. Für solche Produkte konnte im letzten abgeschlossenen AiF-Projekt (16714 N, 2015) eine nichtthermische Alternative aufgezeigt werden, mit der mittels Mikrofiltration Phagen um mehr als 4 log-Stufen in nativer Molke reduziert werden können. Ist die Molke gering belastet, kann eine solche phagenfiltrierte Molke zum Recycling im Betrieb oder zur Weiterverarbeitung genutzt werden. Ist der Ausgangsphagentiter jedoch höher, z. B. 108 PbE / ml, würde die alleinige Filtration keine ausreichende Phagensicherheit garantieren. Für diese Fälle wäre die sogenannte orthogonale Prozessführungsstrategie - unterstützt durch den Phagen-Schnellnachweis (s. o.) - geeignet. In der orthogonalen Prozessführungsstrategie werden definitionsgemäß Prozessschritte kombiniert, deren technologische Maßnahmen / Verfahren sich im Wirkmechanismus ergänzen: beispielsweise die UV-C-Behandlung einer bereits phagenfiltrierten Molke. Während in den USA die UV-C-Behandlung von Lebensmitteln bereits zugelassen ist, ist die Behandlung in Deutschland nur für die Entkeimung von Trinkwasser, die Oberflächenentkeimung von Hartkäse und für Fruchtzubereitungen gesetzlich erlaubt. Weitere Produkte, z. B. Wein (AiF 18688 N, laufendes Projekt) könnten dazukommen, wenn Daten zur Effizienz und zur gesundheitlichen Unbedenklichkeit vorliegen. Eine UV-C-Behandlung von Molke könnte demnach prinzipiell genehmigt werden, wenn entsprechende Daten vorliegen. Daher postulieren wir zum Erhöhen der Phagensicherheit von Molke mit hohem Anteil an nativen Molkenproteinen eine orthogonale Prozessführung bestehend aus einer Phagenfiltration mit anschließender UV-C-Behandlung.

Zur Optimierung des Nachweissystems für Lactococcus lactis Phagen (MRI) wurde durch die Verwendung einer DNA-Polymerase mit einer höheren Amplifikationsgeschwindigkeit und Ausbeute die Reaktionszeit der LAMP-Methode zur molekularen Phagendetektion um 30 Minuten reduziert, sodass die Durchführung eines LAMP-basierten Phagennachweises für Phagen der L. lactis Starterkulturen unter einer Stunde möglich sein sollte. Für die UV-C-Bestrahlungsversuche an der Univ. Hohenheim wurden insgesamt 11 L. lactis Phagen nach unterschiedlichen Kriterien ausgesucht (unterschiedliche Phagengruppen, Morphologien und Genomgrößen) und über die CsCl-Dichtegradienten-Ultrazentrifugation aufgearbeitet. Die transmissionselektronenmikroskopischen Untersuchungen ergaben stets einen 90 %igen Anteil an intakten Phagen. Aus den bisherigen Versuchen der Univ. Hohenheim zum UV-C-Screening der L. lactis Phagen P008 und P001 (mit unterschiedlicher Morphologie) in Wasser lässt sich ableiten, dass Bakteriophagen durch UV-C-Strahlung ab einer minimalen Dosis von 5 mJ cm-2 inaktiviert werden. Unterschiede in der UV-C-Resistenz konnten bei den Referenzphagen nicht festgestellt werden. Für Phage P008 als auch für Phage P001 wurde eine maximale Inaktivierungsdosis von 100 mJ cm-2 (8 - 9 log Reduktion) definiert. Für die Phagen P001 und P008 wurden nach der UV-C-Behandlung bei unterschiedlichen Dosen keine morphologischen Unterschiede im Vergleich zu den unbehandelten Phagen festgestellt.

Zur Erfassung der Rohmilchphagenpopulation am MRI wurden aus den 52 Rohmilchproben insgesamt 20 L. lactis Phagen isoliert. Die Phagentiter variierten zwischen 10 PbE / ml und 2,6 x 106 PbE / ml. Diese Rohmilchphagen zeigten eine signifikante Biodiversität. Die Mehrzahl dieser Phagen wurden unterschiedlichen Untergruppen der P335 Phagen zugeordnet. Ein Phagenisolat aus Rohmilch wurde als Vertreter der 949-Phagengruppe identifiziert. Der Großteil der Phagen wies ein enges Wirtsspektrum auf, lediglich der 949-Phage konnte eine Vielzahl der untersuchten Stämme infizieren. Restriktionsanalysen und Genomsequenzanalysen bestätigten, dass es sich bei 19 der Rohmilchphagen um heterogene Phagen mit Verwandtschaft zu den P335-Phagen handelt. Damit unterscheiden sich die Phagenpopulationen in der Rohmilch deutlich von denen in den Molkereien. Die Genomsequenzierungen zeigten zudem für einige der isolierten Phagen eine hohe Verwandtschaft zu neuartigen Streptococcus thermophilus Phagen. Zusätzlich zeigten die Hitzeinaktivierungsversuche, dass alle aus der Rohmilch isolierten Phagen bereits nach einer Erhitzung bei 75 °C für 1 Minute komplett inaktiviert werden, daher dürften sie die Hürde der Rohmilchpasteurizierung nicht überspringen.

 

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