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Untersuchungen zu einem begründeten Vorschlag für einen oberen Grenzwert betreffend den Molkenproteinanteil in gereiften Standard-Käsesorten

Projekt

Ernährung und Verbraucherschutz

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Ernährung und Verbraucherschutz


Förderkennzeichen: MRI-MF-08-143
Laufzeit: 01.11.2014 - 30.04.2017
Forschungszweck: Angewandte Forschung

Die Milchindustrie hat gegenüber dem BMEL den Wunsch geäußert, Käse der Standardsorten mit erhöhtem Molkenproteingehalt herstellen zu können. Das BMEL hat daraufhin das Institut MF aufgefordert, experimentelle Untersuchungen – auch in Zusammenarbeit mit der Milchindustrie – durchzuführen, um einen begründeten Vorschlag für einen oberen Grenzwert betreffend den Molkenprotein-Anteil (MPA) in gereiften Standard-Käsesorten zu ermitteln. Das Ergebnis soll bei der Novellierung der bisherigen Käseverordnung zur neuen Käsequalitätsverordnung berücksichtigt werden. Hintergrund war der Wunsch einiger Käseerzeuger, mehr Molkenprotein in den Käse einbringen zu dürfen. In der EU gibt es bisher schon einige wenige Produkte, die einen erhöhten MPA enthalten. Als Grenzwert für den MPA im Gesamtprotein von gereiftem Käse im verzehrsfertigen Produkt wird derzeit ein Anteil von 5-6% als sinnvoll erachtet. Das elektrophoretische Untersuchungsverfahren ist aber noch nicht für gereiften Käse validiert. Diese Validierung ist Voraussetzung für die Festlegung eines begründeten MPA-Grenzwerts. Eine Erhöhung des MPA ist nur über eine intensivere thermische Behandlung der Kesselmilch oder über die Zugabe von mikropartikuliertem Molkenprotein möglich. Neben der MPA-Erhöhung ist für die Käseindustrie auch von Interesse, den Eiweißgehalt in der Kesselmilch zu standardisieren (z.B. auf 4,0%), um jahreszeitliche oder auch tägliche Schwankungen in der Anlieferungsmilch auszugleichen. Dies kann durch eine Mikrofiltration erreicht werden. Drei Molkereiunternehmen hatten sich bereit erklärt, entsprechende Käseversuche vorzunehmen und dem Institut Proben für Untersuchungen zur Verfügung zu stellen. Ausgewählte Käseversuche sollen auch in MF stattfinden. Die Analytik beinhaltet neben der Ermittlung des MPA auch Untersuchungen zur Sensorik (Panel und Electronic Nose; Projekt 137), Rheologie/Textur und die Bestimmung der Hauptinhaltsstoffe von Kesselmilch und Käse sowie pH-Wert. 1.1 Versuchs-Gouda vom Deutschen Milchkontor in Edewecht Das Deutsche Milchkontor (DMK, Edewecht) hat in ihrem Technikum foliengereifte Gouda Käse mit unterschiedlichem MPA produziert und dem MF für Analysen zugesandt. Die Versuchsmuster wurden aus Kesselmilch hergestellt, die 0, 10, 20 oder 30% hocherhitzte (HE-) Magermilch (95 °C/2 min) enthielt. In der Summe konnte festgestellt werden, dass ein Anteil von 30% HE-Milch an der Kesselmilch zu β-Lactoglobulin-Gehalten von 5-6% im Gouda-Käse führten. Da β-Lactoglobulin in etwa 50% der MPA ausmacht, ergeben sich rechnerisch Gesamtmolkenproteingehalte im Eiweiß des Käses von 10-12%. Ein solcher Käse konnte nur mit Hilfe einer Elektronischen Nase von den übrigen Varianten unterschieden werden. Die sensorische Prüfergruppe konnte keine signifikanten Unterschiede zwischen den Käse-Varianten feststellen. Es bleibt aber zu berücksichtigen, dass der Einfluss von Trockenmasse und NaCl-Gehalt im jeweiligen Käselaib bzw. Käsestück und der der Reifungszeit größer sein kann als die thermische Vorbehandlung der Milch bis zu einem Anteil von 30% HE-Milch. 1.2 Herstellung von Versuchs-Edamern aus thermisch intensiver behandelter Kesselmilch und Prozessanpassung im MF-Technikum Nach unbefriedigenden Vorversuchen wurde bei weiteren Versuchen mit 30% hocherhitzter (95 °C/2 min) Kesselmilch das Bruch-Molke-Gemisch unmittelbar nach dem Schneiden zunächst vorsichtig manuell gerührt, um das noch zarte Bruchkorn bestmöglich zu erhalten und die Bildung von Caseinstaub zu verringern. Eine Erhöhung der Nachwärmtemperatur von 38 auf 43 °C und eine Verlängerung des Nachrührens sollte die spätere Synärese des Bruches fördern, damit sich die Trockenmasse im gereiften Versuchskäse der im Standard besser angleicht. Die Anpassung der Herstellbedingungen führte zur gewünschten Angleichung zum Standard bei Trockenmasse und NaCl-Gehalt. Die sensorischen Profilprüfungen durch das MRI-MF-Sensorikpanel bestätigte die relativ gute Adaption. Nur beim Attribut „bröckelig“ wurde ein signifikanter Unterschied zwischen Standard und modifiziertem Edamer festgestellt, während bei allen anderen Attributen die Unterschiede gering waren. In den sehr empfindlichen Dreieckstests, bei denen jeweils die abweichende von drei Proben erkannt werden soll, wurden teilweise signifikante Unterschiede in der Konsistenz gefunden. Bei der Electronic Nose zeigten sich dagegen größere Unterschiede, die bei 6 von 10 Sensoren signifikant waren. Der Anteil von 30% HE-Milch in der Kesselmilch führte gemäß Auswertung 1 zu 6,87-7,82% MPA nach Salzbad und 15,57-20,55% MPA nach 4 Wochen Reifung. Gemäß Auswertung 2 ergaben sich 5,11-6,18% MPA nach Salzbad und 7,43-9,33% nach 4 Wochen Reifung. Die Versuche zeigen, dass durch eine geeignete Prozessanpassung bei der Herstellung von Edamer auch aus Kesselmilch mit 30% HE-Anteil ein Produkt resultieren kann, das einem Standard nahe kommt. 1.3 Herstellung von Käse unter Zusatz von mikropartikuliertem Molkenprotein Geplante Käseversuche der Unternehmensgruppe Theo Müller (UTM) in Leppersdorf aus Kesselmilch, die mit mikropartikuliertem Molkenprotein angereichert wird, wurden abgesagt, da die UTM derzeit kein ökonomisches Interesse an diesem Verfahren hat. Offensichtlich lässt sich das Molkenprotein für andere Anwendungen besser verwerten. 1.4 Camembert mit eiweißstandardisierter und/oder thermisch intensiver behandelter Kesselmilch, hergestellt von der Fa. Champignon-Hofmeister Neben Standardmustern (A) wurden auch solche mit einem durch Ultrafiltration angereicherten Eiweißgehalt der Kesselmilch von 4% (B) hergestellt, außerdem Proben aus Kesselmilch mit 4% und zusätzlicher HE, um etwa 5% MPA im Käse zu erhalten (C). Die Camembert-Muster wurden mehrfach vom Sensorik-Panel des MRI in Kiel verkostet. Bei der sensorischen Prüfung mittels Dreieckstest konnte nur bei der ersten Verkostung ein signifikanter Unterschied zwischen dem Standard und der Variante C mit dem erhöhten MPA festgestellt werden, der besonders durch Abweichungen in der Konsistenz beschrieben wurde. Bei den anschließenden Prüfungen nach 2 und 4 Wochen konnten keine signifikanten Unterschiede mehr festgestellt mehr werden. Wie erwartet wurden alle Käse mit zunehmender Reifezeit weicher und geruchsintensiver. Auch bei der Messung mit einer Elektronischen Nase war der Einfluss des Alters des Camemberts signifikant. Mittels Hauptkomponentenanalyse wurde deutlich, dass die Elektronische Nase nicht zwischen den drei Camembert-Varianten unterscheiden kann, aber zwischen dem Alter bzw. dem Reifegrad der Camembert-Muster. Die mit der SDS-PAGE-Methode ermittelten Molkenproteinanteile am Gesamteiweiß waren bei Variante C aus thermisch intensiver behandelter Milch signifikant höher und lagen gemäß Auswertung 2 deutlich über 5%. Weil die Methode aber für die Matrix Käse nicht validiert ist, sind diese Ergebnisse nur für interne Zwecke geeignet. Da Variante B mit einem durch Ultrafiltration eingestellten Milcheiweißgehalt von 4% sich nicht von der Standardvariante unterschied, steht der Wahl dieses Verfahrens aus unserer Sicht nichts entgegen. Fazit Zunächst ist festzuhalten, dass die zur Charakterisierung des Casein/Molkenprotein-Verhältnisses in den vorliegenden experimentellen Untersuchungen genutzte SDS-PAGE-Methode nicht validiert ist. Dennoch haben wir dieses Analyseverfahren im Rahmen unserer Forschungsarbeiten eingesetzt, weil es reproduzierbare Ergebnisse liefert. Die mit dieser Methode bei uns ermittelten Daten zeigten bei Dreifachuntersuchungen Variationskoeffizienten, die meist unter 5% lagen. Der „wahre“ Wert kann mit der beschriebenen Methode allerdings weder durch unsere „Auswertung 2“, die neben allen Caseinbanden nur β-Lactoglobulin erfasst, noch durch die „Auswertung 1“ mit zusätzlicher Berücksichtigung von α-Lactalbumin bestimmt werden. Die Entwicklung und Evaluierung einer neuen Methode, mit der der MPA anhand des Verhältnisses der Aminosäuren Cystin, Cystein und Prolin berechnet werden kann, wird voraussichtlich nicht zeitnah zu realisieren sein und erfordert einen erheblichen zeitlichen und finanziellen Aufwand. Bei Anwendung der SDS-PAGE-Analyse zeigte sich, dass durch die Zugabe von hocherhitzter (HE-) Milch, die einen Anteil von 10-30% in der Kesselmilch hatte, eine Anreicherung an Molkenproteinen in ausgewählten Käsesorten möglich war. Gemäß unserer „Auswertung 2“ durch Berechnung mit allen Caseinbanden und β-Lactoglobulin resultierten bei einem Anteil 30% HE-Milch 5-6% „MPA“. Dieser Anteil kann während der Käsereifung auf über 9% ansteigen (KM 12). Für den im Handel befindlichen „Milner Gouda“ hatten wir 7-9% „MPA“ ermittelt. Die Camembert-Proben von Champignon-Hofmeister erreichten maximal gut 7%. Die untersuchten Proben unterschieden sich bei geeigneter Prozessanpassung sensorisch insgesamt nur wenig von Standardproben aus ausschließlich kurzzeiterhitzter Milch. Aus wissenschaftlich-technischer Sicht könnte die SDS-PAGE-Methode mit der Rubberhand-Integrationsmethode und „Auswertung 2“ zur Festlegung des gewünschten oberen Grenzwertes für den Molkenproteingehalt in gereiftem Käse gewählt werden, wie sie für die oben beschriebenen Untersuchungen in Kiel angewendet wurden. Da hier zur Auswertung aber nur β-Lactoglobulin (β-LG) herangezogen wurde, das nur etwa die Hälfte der Molkenproteine ausmacht, kann der Grenzwert nur auf diese Proteinfraktion bezogen werden. Hier ergibt sich nach unseren Untersuchungen ein oberer Grenzwert von 9% β-LG. Eine einfache Hochrechnung auf den „wahren MPA“ mit dem Faktor 2 wird als nicht zielführend angesehen. Dieser MPA dürfte aber deutlich über 10% liegen, was vor Durchführung unserer Versuche so nicht erwartet werden konnte. Diese Vorgehensweise kann aber eine validierte Methodik nicht ersetzen und zur Festlegung von Grenzwerten in Verordnungen nicht empfohlen werden. Abschließend bleibt nach der Zusammenarbeit mit den genannten Molkereien im Rahmen unserer Untersuchungen noch zu ergänzen, dass es den Unternehmen nach übereinstimmenden Aussagen eher darum geht, den Eiweißgehalt ihrer Kesselmilch standardisieren zu können als den Proteingehalt im Käse zu erhöhen. Die Standardisierung ist eine wichtige Voraussetzung für eine über das Jahr immer gleichmäßige Käsequalität. Von wissenschaftlicher Seite wird die Standardisierung der Kesselmilch im Eiweißgehalt auf einem Niveau von beispielsweise 4% durch Einsatz der Mikrofiltration positiv eingeschätzt.

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