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Weichkäse Typ Camembert aus PEF-behandelter Rohmilch (Vorversuche)

Projekt

Ernährung und Verbraucherschutz

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Ernährung und Verbraucherschutz


Förderkennzeichen: MRI-MF-08-178-1050 PEF
Laufzeit: 01.01.2019 - 30.06.2019
Forschungszweck: Experimentelle Forschung

Rohmilchkäse, insbesondere Weichkäse, findet zunehmende Verbreitung im deutschen Handel, vor allem durch die Listung bei Discountern und großen Handelsketten. Gleichzeitig handelt es sich um ein mikrobiologisch gefährdetes Produkt, da keine Wärmebehandlung zur Inaktivierung von pathogenen Mikroorganismen während der Käseherstellung stattfindet. Im Gegensatz zu Rohmilch/Vorzugsmilch ab Hof wird dem Verbraucher auch keine Erhitzung im Haushalt empfohlen. Für besonders gefährdete Personengruppen, wie Schwangere und Kleinkinder, wird daher vom Verzehr von Rohmilchkäse abgeraten. Von Juni bis Dezember 2018 waren Rohmilch-Weichkäse für 9 von 14 offiziellen Rückrufaktionen von Milchprodukten aus dem Handel verantwortlich, bedingt durch die Kontamination mit EHEC, VTEC, Listerien und Salmonellen. Durch thermisches Pasteurisieren werden die pathogenen Mikroorganismen inaktiviert, jedoch auch viele Enzyme, die zur Ausprägung des typischen Geschmacks von Rohmilchkäsen notwendig sind. Das Pulsed Electric Field (PEF)-Verfahren ist ein alternatives Haltbarmachungsverfahren, das auf der irreversiblen Schädigung von (Zell)Membranen durch Elektroporation beruht. Durch schnell wechselnde Hochspannungsfelder (30-50 kV/cm, für kleiner 1s) werden geladene Domänen der Membranen umgepoolt und brechen anschließend zusammen. Die Membran bekommen Poren wodurch Zellen lysieren können. Begleitend zum Effekt auf Zellen kann es zu unerwünschter Oxidation und Elektrolyse kommen. Wir postulieren, dass aus PEF-behandelter Rohmilch mikrobiologisch sicherer Weichkäse mit einem Aromaprofil ähnlich Rohmilchkäse hergestellt werden kann. Die Leistungsdichte wird so angepasst, dass es zu einem ausreichenden mikrobiologischen Effekt und Erhalt der milchoriginären Enzyme kommt, aber noch nicht zu sensorisch oder chemisch unerwünschter Schädigung von Fetten und Proteinen. Im Rahmen von Vorversuchen soll Rohmilch PEF-behandelt werden (2 Energieniveaus, Erwärmung noch im für Rohmilch zulässigen Bereich) um daraus Weichkäse Typ Camembert herzustellen. Milch und Käse werden hinsichtlich ihrer Keimzahl, Enzymaktivität, Käseausbeute und weiterer chemisch-physikalischer Parameter bewertet. Nach 6-wöchiger Lagerung werden die Käse auf pathogene Mikroorganismen untersucht und, bei negativem Befund, sensorisch bewertet (MRI-Sensorikpanel; Geschmack, Geruch, Textur nach DLG-Prüfschema). Ziel ist das Erstellen eines AiF/FEI-Projektsantrags zum Thema‚ Herstellung von mikrobiologisch sicherem Weichkäse aus Rohmilch durch den Einsatz von PEF‘. Alle für die Antragstellung nötigen Vorversuche werden durchgeführt und ausgewertet. Im Hauptprojekt benötigte Methoden werden auf ihre Eignung vorab geprüft.

Käseherstellung Rohmilch (Versuchsstation Schädtbek) wurde bei unter 40°C separiert und standardisiert (3,0% Fett, 3,5% Protein; Ziel: 45% F.i.Tr.). Neben einer Referenz aus Rohmilch wurde ein Teil der Milch pasteurisiert (72°C, 30 s). Die PEF-Behandlung erfolgt nach Transport der Rohmilch zum DIL e.V./ELEA Quakenbrück mit einer Pilotanlage (40 L/h) bei 90 kJ/L und 162 kJ/L. Die Behandlung wurde so modifiziert, dass trotz des Energieeintrags die Temperatur nur kurzzeitig max. 55°C betrug. Aus allen Milchen wurde gemäß identischem Versuchsprotokoll Weichkäse Typ Camembert in zwei (PEF) bzw. vier (Referenz, past. Milch) Wiederholungen hergestellt. Im Säuerungsverlauf, beim Dicklegen und in der Käseausbeute zeigten sich keine Un-terschiede zwischen den Milchen. Die Festigkeiten der Gele zum Schnittzeitpunkt waren gleich. PEF-behandelte Milch ließ sich ebenso zu Weichkäse verarbeiten, wie rohe und pasteurisierte Milch. Während der Lagerung (21 bzw. 43 Tage) wuchs auf allen Käsen die Penicillium-Reifungs- und Schutzkultur gleichmäßig an. Es sind keine Unterschiede im Aussehen aufgetreten. Der Fremdschimmelbefall einer bei 90 kJ/L behandelten Charge wurde nach 10 Tagen von P. candidum verdrängt. Käse aus PEF-behandelten Milchen wiesen teilweise einen süßlich-fruchtigen, untypischen Geruch auf. Mikrobiologischer Effekt Die PEF-Behandlung der Milch führt zu einer geringen Abnahme der Gesamtkeimzahl. Mit 90 kJ/kg bei max. 40°C konnten keine Änderung (14.000 → 13.700 kbE/mL) bzw. eine Reduktion um eine halbe log-Stufe (13.000 → 8.400 kbE/mL, gemessen am DIL) nachgewiesen werden. Durch erhöhen des Energieeintrags auf 162 kJ/L bei max. 55°C konnte eine Reduktion um bis zu 2-log Stufen erreicht werden (13.800 → 2.100 kbE/mL und 5.500 → 840 kbE/mL in Charge 1 bzw. 2; 20.000 → 200 kbE/mL, gemessen am DIL). Alle gereiften Weichkäse (43 Tage), außer aus pasteurisierter Milch hergestellte, wurden positiv auf Enterokokken getestet (über 3x105 kbE/mL) und waren zum Teil mit über 100 kbE/mL von E. coli belastet (PEF 90 kJ/L). Es gibt keine messbare Verbesserung im Vergleich zum Rohmilchkäse ohne PEF-Behandlung. Weiterhin wurde für Hefen und Schimmel eine Reduktion um ca. eine log-Stufe bestimmt. Auf eine Verkostung wurde aufgrund der Enterkokken verzichtet und nur das Aussehen und Geruch bewertet. Enzymatischer Effekt Mittels eines API ZYM Assay wurde die Wirkung der PEF-Behandlung (90 kJ/L und 162 kJ/L) auf die Aktivität milchoriginärer oder bakterielle Enzyme getestet. Neben den produktionsbedingten Veränderungen, u.a. die thermische Inaktivierung der alkalischen Phosphatse (ALP) in pasteurisierter Milch, deren Wiederanstieg und die Bildung von β-Galactosidasen während der mikrobiellen Säuerung, konnten keine Änderungen durch die angewendete PEF-Behandlung nachgewiesen werden. In Kesselmilch nahm die ALP-Aktivität durch eine PEF-Behandlung mit 162 kJ/L von 510 auf 460 U/L geringfügig ab (90 kJ/L: 520 U/L). Diese Abnahme könnte durch die kurzzeitige Erhitzung der Milch auf 55°C bedingt sein. Im Vergleich zur deutlichen Inaktivierung auf unter 0,7 U/L durch Pasteurisieren (72°C, 30 s) ist ALP nicht geeignet um eine reine PEF-Behandlung nachzuweisen. Bisher konnte kein PEF-sensitives Enzym bestimmt werden, da sich der Enzymapparat der PEF-behandelten Milch weitgehend wie Rohmilch verhält. Schlussfolgerungen Insgesamt ähneln Weichkäse aus PEF-behandelter Milch stark reinen Rohmilchkäsen, mit leichten Abweichungen im Geruch. Ob die Veränderungen alleinig durch die PEF-Behandlung oder den in den Vorversuchen notwendigen Transport, und damit längere Lagerung der (Roh)Milch, verursacht wurden, lässt sich nicht abschließend klären. Die Reduktion der Gesamtkeimzahl könnte durch Änderung der Prozessführung oder einen höheren Energieeintrag gesteigert werden. Anhand der vorhandenen Daten führt ein 3 – 4-facher Umlauf der gleichen Milch, mit Zwischenkühlung, zu einer Reduktion über 5 log-Stufen. Hierfür sollte Rohmilch mit höheren Startkeimzahlen, als die MRI-interne Milch, verwendet oder explizit beimpft werden, um Reduktionsraten über 4 log-Stufen überhaupt nachweisen zu können. Am Beispiel PEF-behandelter Rohmilch zeigte sich, das etablierte Nachweisverfahren (ALP) für neuartige, nicht-thermische Haltbarma-chung nicht sofort übertragbar sind. Weitere enzymatische Assays oder inhaltsstoffba-sierte Methoden sind Kandidaten für den Nachweis einer sicheren, nicht-thermischen Behandlung. Folgeprojekte zur technischen Umsetzung und begleitenden Analytik sind notwendig.

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