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Serotonin und Lernen bei Hühnern

Projekt


Förderkennzeichen: FLI-ITT-08-TKAD-01-19
Laufzeit: 01.03.2019 - 30.06.2020
Forschungszweck: Angewandte Forschung

Serotonin (5-Hydroxytryptamin, 5-HT) ist ein essentieller Neurotransmitter im Gehirn von Vertebraten, der Einfluss auf die Weiterleitung neuronaler Reize. Hierbei ist der Serotonin-Transporter(5-HTT) von hoher Bedeutung. Er führt dazu, dass Serotonin aus dem Synaptischen Spalt wieder in die Präsynapse aufgenommen wird und so weitere Signalweiterleitungen ermöglicht werden. Bei Menschen werden Fehlfunktionen dieses Transporters mit einer Vielzahl psychischer Erkrankungen, wie Angststörungen oder Depressionen, in Verbindung gebracht. Die Prädisposition eine solche Krankheit zu bekommen, kann mit den genetischen Polymorphismen des 5-HTT Gen zusammenhängen, da bestimmte Polymorphismen weniger Serotonintransporter exprimieren als andere. Auch bei Hühnern (Gallus Gallus domesticus) konnte ein natürlich auftretender funktioneller Polymorphismus im 5-HTT- Gen beschrieben. Hierbei kommt es zu drei genetischen Polymorphismen im 5-HTT Gen, der homozygote D/D, W/W, und der heterozygote W/D. Das Deletions „D“-Allel ist im Vergleich zum Wildtyp „W“-Allel, durch die Deletion von vier Basenpaaren und den Austausch eines Basenpaares charakterisiert. Hennen mit dem D/D Genotyp weisen verschiedene physiologische und verhaltensbiologische Veränderungen im Vergleich zum W/D Genotyp und vor allem dem homozygoten Wildtyp (W/W) auf. D/D Hennen weisen ein erhöhtes Körpergewicht, eine gesteigerte lokomotorische Aktivität und ein verringertes Angstverhalten im Vergleich zu Hennen der anderen Genotypen (W/D und W/W) auf. Eine mechanistische Ursache hierfür, ist vermutlich die erhöhte Transkription und somit Expression des 5-HTT Gen im D/D Genotyp. Der komplette Zusammenhang von Serotonintransport, Verhaltensänderungen, wie psychischen Erkrankungen, ist allerdings sowohl beim Menschen als auch beim Haushuhn noch nicht komplett verstanden und es besteht Forschungsbedarf. Am Menschen, konnte zudem ein interessanter Zusammenhang zwischen dem Serotonergen System und dem Lernverhalten gezeigt werden. In diesem Versuchsvorhaben, soll im ersten Teilversuch betrachtet werden, in weit sich die natürliche auftretenden Polymorphismen im 5-HTT-Genes, ähnlich wie im Menschen, auf das Lern- und Umlernverhalten von Hühnern auswirkt. Dies kann Informationen über die kognitiven Einflüsse von Serotonin und Verhaltensflexibilität der Legehennen liefern und somit auch im Vergleich zu Humanstudien generelle taxonübergreifende Mechanismen offenlegen. Für diesen ersten Teilversuch werden die Legehennen der drei Genotypen in einem etablierten Lern- Umlernversuch getestet. Hierbei durchläuft jede Henne drei Lernphasen, Diskriminierungs-Lernen, Umlernen und Extinktion, die jede für sich besondere kognitive Herausforderung stellt. In dem Lernversuch wird ausschließlich nur mit positiver Verstärkung gearbeitet, um eine hohe Motivation der Versuchstiere zu erzielen und auch um negative Stimuli im Sinne des Tierwohles zu vermeiden (siehe auch, Versuchsverlauf). Aus der Humanpsychologie ist weiter bekannt, dass Menschen mit Depressionen eine kognitive Verzerrung (Cognitive bias, unter anderem auch eine gestörte Bewertung und Emotionsverarbeitung) gegenüber ihrer Umwelt zeigen können. Erfasst werden kann diese mit einem Cognitive bias Test. Auf für (Nutz-)Tiere wurde dieser Test weiterentwickelt und angepasst. Da, wie oben erwähnt, das serotonerge System direkte Auswirkungen auf diese Art der Wahrnehmung haben kann, soll in einem zweiten Teilversuch betrachtet werden, ob die Hennen der drei 5-HTT Genotypen in einem Cognitive Bias Test unterschiedlich abschneiden und somit ihre Umwelt unterschiedlich bewerten. Die Ergebnisse hieraus können zu einem helfen die neurokognitiven Mechanismen, die durch die serotonerge Signalverarbeitung beeinflusst werden, zu genauer verstehen, aber auch potentielle Auswirkungen auf ein besseres Verständnis zum Wohlbefinden und individuellen Verhalten von Legehennen aufzeigen. Ebenfalls können hier taxonübergreifende generelle Mechanismen erkannt werden. Wie Lebewesen ihre Umwelt wahrnehmen und verarbeiten und somit in bestimmten Situation, wie zum Beispiel beim Lernen umgehen, kann mit ihren Persönlichkeitsmerkmalen korrelieren. Einige Persönlichkeitsmerkmale, die in Zusammenhang mit Ängstlichkeit und Exploration stehen werden, auch bei Hühnern, vom serotonergen System beeinflusst. Jedoch ist es noch unbekannt, ob es einen korrelativen Zusammenhang zwischen kognitiven Fähigkeiten (Teilversuch 1 und 2) und Persönlichkeitsmerkmalen (Teilversuch 3) von Hühnern gibt. Dieser Zusammenhang könnte einen systemischen übergeordneten Einfluss des 5-HTT Genotyps auf den Phänotyp nahelegen. Deswegen sollen im dritten Teilversuch Indikatoren für Persönlichkeitsmerkmale die Hühner mittels einfacher und etablierten Verhaltenstests (Dudde et al., 2018) charakterisiert werden. Zusammengefasst sollen in diesem Versuchsvorhaben insgesamt drei ineinandergreifende Teilversuche durchgeführt werden, deren Ergebnisse einander komplementieren und so neue Informationen für ein generelleres Verständnis von Serotonin, Lernverhalten und Persönlichkeitseigenschaften liefern H1: Hennen mit dem Genotyp D/D im 5-HTT-Gen weisen eine bessere Lernfähigkeit auf, als W/W Hennen. W/D Hennen sind intermediär zwischen D/D und W/W Hennen in ihrem Lernvermögen. H2: Hennen des D/D Genotypes bewerten ihre Umwelt positiver, als Hennen des W/W Genotypes. W/D Hennen sind intermediär zwischen den D/D und W/W Hennen. H3: Es gibt einen signifikanten Zusammenhang zwischen Lernverhalten, Umweltbewertung und Persönlichkeitsmerkmalen. Gute Lernverhalten ist assoziiert mit geringer Angst und positiver Umwelteinschätzung.

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