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Verbundprojekt: Elektronische Deichsel für landwirtschaftliche Arbeitsmaschinen mit Umfeldsensorik und zusätzlichen Geoinformationen (EDAUG) – Teilprojekt 2

Projekt


Förderkennzeichen: 2815306707
Laufzeit: 01.03.2011 - 31.07.2014
Fördersumme: 201.969 Euro
Forschungszweck: Experimentelle Forschung

Wachsender Kostendruck auf globalen Märkten zwingt die moderne Landwirtschaft zu kontinuierlicher Optimierung der Produktivität und Kosteneffizienz. Skaleneffekte entstehen durch die Konsolidierung kleiner Nutzflächen zu großen Schlägen sowie durch die Steigerung der Leistungsfähigkeit moderner Landmaschinen. Elektronische Assistenzsysteme zur Prozessautomatisierung und -optimierung gewinnen an Bedeutung. Die elektronische Deichsel ermöglicht das zeitgleiche Bedienen von zwei Traktoren im Feldeinsatz mit nur einem Fahrer. Dazu verfügen beide Fahrzeuge über hochgenaue GNSS Empfänger und tauschen über eine Funkverbindung sicherheits- und prozessrelevante Daten aus. Der unbemannte Traktor folgt mit lateralem und longitudinalem Versatz dem Führungsfahrzeug und führt dabei denselben Arbeitsprozess durch. Das funktionale System dieses Konzeptes wurde im Projekt Elektronische Deichsel für landwirtschaftliche Arbeitsmaschinen (EDA) erforscht und prototypisch umgesetzt. Im Projekt EDAUG wurden darauf aufbauend die Aspekte Bedienbarkeit und Sicherheit durch die Integration von Umfeldsensorik und Geo-Informationen adressiert. Um Kollisionen zur vermeiden liefert Umfeldsensorik Echtzeitdaten über die unmittelbare Umgebung des unbemannten Slave-Traktors und meldet das Eintreten von Hindernissen entlang des geplanten Pfades in einen sicherheitskritischen Bereich und ist in der Lage das Fahrzeug frühzeitig und sicher in den Stillstand zu überführen (Lehrstuhl für Mobile Arbeitsmaschinen, KIT). Geo-Informationen über den aktuellen Einsatzort, die auf dem Feld über mobiles Internet geladen werden, liefern a-priori Informationen über statische, bereits bekannte Hindernisse und Feldgrenzen. Dies ermöglicht die proaktive Berechnung von Ausweichpfaden, ohne den Arbeitsprozess zu unterbrechen (geo-konzept GmbH). Ein geeignetes Bedienkonzept und eine systemische Bewertung der funktionalen Sicherheit wurden von der Firma AGCO GmbH durchgeführt. Auf dem Slave-Fahrzeug wurden im Prototyp zwei LIDAR-Sensoren und vier 3D-ToF-Kameras eingesetzt, um den relevanten Gefahrenbereich zu überwachen. Die 3D-ToF-Kameras liefern 3D Punktwolken im Nahbereich von bis zu 5m um das Fahrzeug. Die LIDAR-Sensoren knüpfen vor dem Fahrzeug unmittelbar an den Überwachungsbereich der 3D-Kameras an und überwachen einen Fernbereich von bis zu 80m. Um unebene Bodenverläufe zu kompensieren und die Scanning-Ebene immer Bodenparallel auszurichten, wurde für einen der beiden eingesetzten LIDAR Sensoren eine Aktive 3D-Schwenkvorrichtung entwickelt, die basierend auf dem Verlauf der Schnittlinie zwischen Scanning-Ebene und Boden den Blickwinkel um die Fahrzeuglängs- und Fahrzeugquerachse regelt. Der Sollwert des Elevationswinkels (Fahrzeugquerachse) des LIDARs wird zudem geschwindigkeitsabhängig angepasst. Die Segmentierung der Rohdaten der 3D-Kameras erfolgt im Stillstand mit Hilfe eines robusten Differenzbild-Algorithmus, während in Bewegung ein rasterbasierter, iterativer Total-Least-Square-Ansatz zur Bodenschätzung entwickelt wurde. Die Rasterung des Überwachungsbereichs bietet die Möglichkeit, die Schätzung der Bodenebene in Teilbereiche aufzulösen und an unebene Topologien anzuschmiegen um Fehlsegmentierungen von Bodenwellen oder Bodensenken zu vermeiden. Aus den Messdaten der 2D-LIDAR-Sensoren wird mit Hilfe von Parameterhistogrammen der Verlauf der Bodenebene geschätzt und die beste Schätzung als Grundlage zur Segmentierung in Hindernispunkte und Bodenpunkte genutzt. Während die Eignung der Algorithmen anhand von Simulationen und realen Versuchen nachgewiesen werden konnte, haben sich die eingesetzten 3D-ToF-Kameras aufgrund von Bewegungsartefakten bei längerer Integrationszeit des Chips als weniger geeignet erwiesen. Zur Nutzung der Geo-Informationen wurde ein Server implementiert, auf dem frei verfügbare und kommerzielle Quellen für Geo-Informationen gebündelt, in ein einheitliches Datenformat und dem Traktorgespann verfügbar gemacht werden. Die Abfrage der Daten erfolgt vor Ort im Feldeinsatz nach dem Koppeln zweier Traktoren zu einem Gespann. Aus den Hindernisinformationen wird lokal eine Liste erstellt und die Position und Kontur der Hindernisse an den Master-Traktor übermittelt. Neben Hindernissen im Feld wird außerdem die Außenkontur des zu bearbeitenden Ackerschlages geladen und als virtueller Zaun für eine Sicherheitsabfrage der Position des Slave-Traktors zur Verfügung gestellt. Um a-priori bekannten Hindernissen auszuweichen wurde ein Trajektorien-Ansatz implementiert. Der Algorithmus konnte im abschließenden Feldtest erfolgreich getestet werden. Die Steuerung des Gesamtsystemzustands erfolgt über einen zentralen Zustandsautomaten, der identisch auf beiden Fahrzeugen aktiv ist und über die Funkverbindung synchronisiert wird. Im Zustandsautomaten ist das dreistufige Sicherheitskonzept bestehend aus den Zuständen Operational, Safety-Stop und Emergency-Stop hinterlegt. Der Zustandsautomat steht auf beiden Fahrzeugen des Gespanns als Knoten im Mittelpunkt der Datenkommunikation. In dieser Position können alle relevanten Parameter, Fehlertelegramme und Nachrichtenwege überwacht, und für eine Entscheidung über den Systemzustand ausgewertet werden. Fällt auf einem Fahrzeug lokal die Entscheidung in einen sichereren Zustand zu wechseln, wird diese Transition unmittelbar ausgeführt und dem Partnerfahrzeug mitgeteilt. Dieses folgt dem Systemwechsel umgehend. Bedingt durch die zentrale Position in der Hardware-Architektur arbeitet das Steuergerät des Zustandsautomaten darüber hinaus als Gateway zwischen der Datenfunkverbindung zwischen Master und Slave und dem fahrzeuginternen CAN-Bus des Deichselsystems. Eine umfassende Restbussimulation über die Kommunikationsschnittstellen hat dabei frühzeitig die Validierung der Software hinsichtlich Datenintegrität und korrekter Arbeitsweise des Zustandsautomaten ermöglicht. Neben einem nicht standardisierten CAN-Protokoll wurde für die Übertragung bandbreitenintensiver Umfelddaten eine Ethernet-Schnittstelle zwischen den betroffenen Hardware-Teilnehmern implementiert. Im prototypischen Deichselgespann sowie in gesonderten Versuchsreihen mit der Umfeldsensorik wurden die korrekte Funktion, die Bedienbarkeit und die Sicherheit des Konzeptes getestet. Ein neues Bedienkonzept integriert die gewonnen Informationen und präsentiert sie optimal aufbereitet dem Fahrer auf dem Terminal des Master-Fahrzeugs. Beim Layout des Interfaces wurde auf eine intuitive, effiziente Bedienbarkeit, verknüpft mit einer bedarfsgerechten Informationsbereitstellung ohne Überflutung sowie bestmöglicher Nachvollziehbarkeit des Systemverhaltens Wert gelegt. Als geeignetes optisches Transportmedium für die pfadplanungsbezogenen Inhalte wurde eine Kartendarstellung der lokalen Fahrzeugumgebung gewählt. Darin werden erfasste und getrackte Hindernisse mit einer ID dargestellt. Dem Fahrer steht bei Auswahl eines Hindernisse ein Menü zur Verfügung, in dem über zwei Betätigungen auf dem serienmäßigen Vario-Terminal des Versuchstraktors die Existenz des Hindernisses bestätigt oder widerlegt werden kann, sowie das Hindernis ignoriert oder für ein geeignetes Ausweich- oder Bremsmanöver berücksichtigt werden kann. Trifft der Fahrer keine Entscheidung, wird das Hindernis standardmäßig berücksichtigt und bei Eintritt in die Sicherheitszone ein Safety-Stop ausgelöst. Im EDAUG-Projekt wurde eine Lösung zur Bedienung eines teil-autonomen Traktorgespanns im Feldeinsatz entwickelt, die sich durch eine hohe Integration von Umfelddaten, Prozessführung und Bedienführung auszeichnet. Neben der konzeptionellen Lösung wurden alle Module implementiert und in Modultests, Simulationen und Realen Feldversuchen validiert. Das Projektergebnis gibt Aufschluss über die Beherrschbarkeit unbemannter Fahrzeuge in der Landwirtschaft und den Umgang mit hohen Informationsdichten bei der simultanen Bedienung mehrerer Großmaschinen.

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Fachgebiete

Ausführende Einrichtung

AGCO GmbH, Fendt-Marketing

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