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Wird die Entwicklung des enterischen Nervensystems durch Ti02 Nanopartikel beeinflußt?

Projekt

Ernährung und Verbraucherschutz

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Ernährung und Verbraucherschutz


Förderkennzeichen: MRI-MF-08-140
Laufzeit: 01.06.2015 - 31.12.2018
Forschungszweck: Angewandte Forschung

Im Rahmen der Darmentwicklung ist die peripartale Periode von entscheidener Bedeutung: Hier bildet sich das enterische Nervensystem (ENS) aus. Das ENS koordiniert im Gastrointestinaltrakt die Reflexe und agiert unabhängig von Gehirn und Rückenmark, kann aber auch von diesen beeinflusst werden. Das ENS besitzt ebenso viele Neurone wie das Rückenmark. Sämtliche im zentralen Nervensystem gebildeten Neurotransmitter werden auch im ENS exprimiert. Das ENS wird durch die cranial-caudale Migration von neuronalen Zellen etwa vier Wochen nach der menschlichen Schwangerschaft (ca. 9,5 pc Maus/Ratte) gebildet. Die komplette Bildung und Reifung ist aber erst postnatal abgeschlossen. Eine Beteiligung des Enterischen Nervensystems an der Entstehung und Progression der IBD (Inflammatory Bowl disease) und der Hirschsprung Erkrankung wird vermutet (siehe Heanue und Pachnis 2007, Lakhan und Kirchgessner 2010). Zudem gibt es eine Reihe von Hinweisen, die zeigen, dass auch subtile Änderungen des ENS (Enterische Neuroplastizität) zu gastrointestinaler Dysfunktion führen können. Dabei ist die Ursache der Entzündung von entscheidender Bedeutung, da die zelluläre Reaktion sowohl von der Art wie auch vom Ort der Entzündung abhängig ist (Lomax et al. 2005). Um exogene Einflüsse auf die peripartale Entwicklung des ENS zu untersuchen, ist folgendes Modell entwickelt worden: Es werden intestinale Primärzellen aus 16 Tage pc Rattenembryonen isoliert und in vitro für 6-8 Tage weiter kultiviert. In dieser Zeit bildet sich ein charakteristisches Gangliensystem aus. Die bisherigen Untersuchungen zum Einfluss von TiO2 Nanopartikeln auf Darmepithelzellen zeigen eine durch EGFR-vermittelte (Krüger et al. 2015) akute proinflammatorische Reaktion, die jedoch keinen Einfluss auf die weitere Entwicklung der Zellen hat. (Krüger et al. 2014). Das jetzige Projekt soll der Frage nachgehen, ob TiO2 Nanopartikel die Entwicklung des Enterischen Nervensystems beeinflussen. Dies ist von besonderem Interesse, da die Aufnahme von TiO2 Nanopartikel bei Kindern bei etwa 2-3 mg/kg*Tag liegt (Weir et al. 2012). Sollten TiO2 Nanopartikel, ähnlich wie von uns in CaCo2 Zellen gezeigt, eine Entzündung hervorrufen und die Genese den Ganglien beeinflussen, ist mit einer massiven Entwicklungsstörung des ENS zu rechnen. Da die Ontognese des ENS in der Ratte als Modell bei uns etabliert ist, wollen wir dieses verwenden, um eine mögliche Einflussnahme von TiO2 Nanopartikeln zu untersuchen. Dazu werden verschiedene Konzentrationen und Größen der anatasen Nanopartikel zu den präparierten Zellen gegeben und die Reaktion der Zellen zu verschiedenen Zeitpunkten mittels Real-time PCR, Westernblotting und immunocytochemischen Verfahren gemessen. Im späteren Stadium soll versucht werden, relevante Gene in diesen Zellen auszuschalten, um einen möglichen Kausalzusammenhang belegen zu können.

Die Haltung der Tiere und die Gewinnung der ENS (Enterischen Nervensystem) Primärkulturen wurde entsprechen der Arbeiten von Chevalier et a. (2008) durchgeführt. Die Untersuchungen wurden durch das Ministerium für Energiewende, Landwirtschaft, Umwelt und ländliche Räume Schleswig-Holstein (Akteizeichen V312-7224.123-5) genehmigt. Am Tag 15,5 der Trächtigkeit wurden trächtigen Ratten durch zervikale Dislokation getötet, die Rattenembryonen (6-12) entnommen und dekapiert. Der gesamt Darm des Embryonen wurde entnommen und mechanisch in PBS zerteilt. Die Zellen des Gewebes wurden durch biochemische Verfahren vereinzelt und anschließend in Zellkulturplatten kultiviert. Die Zellen wurden nach 24stündiger Inkubation mit verschieden großen Titandioxidnanopartikeln (Anastase, 10nm, 20nm, 32nm oder 490 nm) in einer Konzentration von 40 µg pro cm2 Wachstumsfläche behandelt. Nach 2, 4, 6 und 8 Tagen wurde die RNA der Zellen isoliert bzw. die Zellen für immuncytochemische Untersuchungen fixiert. Nach Umschreiben in cDNA wurde für einige Transkripte real time PCR Analysen durchgeführt. Insgesamt wurden fünf voneinander unabhängige Versuche vorgenommen. Die Expression der mRNA für das Kalzium bindenden Protein-S100ß steigt in den unbehandelten Kontrollen im Laufe des Versuches um etwa den Faktor 300 an. Die Expression der r-GFAPmRNA in den unbehandelten Kontrollen nimmt im gleichen Zeitraum um etwa den Faktor 100 zu. Dieses ist mit der Zunahme der enterischen Gliazellen zu erklären. Das ENS besteht im Wesentlichen aus zwei Zelltypen, den enterischen Neuronen und den enterischen Gliazellen. Enterischen Gliazellen zeigen im ENS ähnliche Eigenschaften wie Astrozyten in zentralen Nervensystem (ZNS). Sie unterstützen die Steuerung und die die physiologischen Reaktionen des Gastrointestinaltrakts in vielfältiger Weise. Die eingesetzten kleineren Nanopartikel (10 und 20nm) hatte auf die Expression der S100 mRNA keinen Einfluss, verringerten jedoch die Expression der GFAPmRNA. GFAP soll eine wichtige Rolle bei der Interaktion zwischen Gliazellen und Neuronen spielen. Die RNA, die für den Nuklear Faktor kappa (NFκ), der an Entzündungsvorgängen beteiligt ist, kodiert wird bei Behandlung mit 5nm große Tio2 Nanopartikeln im Vergleich zu den Kontrollen erhöht, allerdings konnte dieses für Interleukin (IL8) und IL1 kodierenden mRNAs, zwei klassische Zytokine, nicht nachgewiesen werden. Die Bone Morphogenetic Protein 2 (BMP2) und 4 (BMP-4) sind an der Differenzierung von enterischen Neuronen und auch von enterischen Gliazellen beteiligt. Durch die Behandlung mit kleinen (10nm, 20nm) Nanopartikeln erhöht sich die Expression von BMP-2mRNA. Während die BMP4 mRNA Expression unverändert blieb. Das könnte ein Hinweis auf eine verstärkte Differenzierung der Neurone oder der Gliazellen sein, die cytochemisch aber nicht nachgewiesen werden konnte. Es konnte noch nicht abschließend geklärt werden, welche genauen molekularen Vorgängen durch die Exposition des ENS mit Nanopartikeln ausgelöste werden.

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