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Auswirkungen verringerter Temperaturen bei Eindampfung und Kristallisation auf die Zuckerqualität und den Energiebedarf bei der Zuckergewinnung

Projekt

Ernährung und Verbraucherschutz

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Ernährung und Verbraucherschutz


Förderkennzeichen: AiF 13584 N
Laufzeit: 01.01.2003 - 31.12.2005
Fördersumme: 235.200 Euro
Forschungszweck: Angewandte Forschung

Die Kristallisation der Saccharose wird in drei oder in vier Stufen durchgeführt. Während bei der dreistufigen Kristallisation nur in der ersten Stufe verkaufsfähiger Zucker entsteht, liegt die Farbe in Lösung der Zucker aus der ersten und zweiten Stufe einer vierstufigen Kristallisation unter dem maximal zulässigen Wert, so dass beide vermarktet werden können. Die in den übrigen Kristallisationsstufen anfallenden Zucker müssen aus Qualitätsgründen wieder aufgelöst und umkristallisiert werden. Die Umkristallisation ist mit einem hohen apparativen und energetischen Aufwand verbunden und führt zu weiteren Saccharoseverlusten. Der Qualitätsabfall innerhalb der einzelnen Kristallisationsstufen hängt maßgeblich von der Anreicherung der Nichtzuckerstoffe in den Abläufen ab. Von den Nichtzuckerstoffen sind die Farbstoffe technologisch besonders wichtig, da ihre Konzentration im Zucker durch Qualitätsbestimmungen eng begrenzt ist. Zwischen der Farbstoffkonzentration im Magma und der Farbe des Zuckers besteht ein enger, statistisch gesicherter Zusammenhang. Aus diesem Zusammenhang folgt, dass eine Qualitätsverbesserung des Zuckers nur dann möglich ist, wenn die Farbstoffkonzentration im Magma gesenkt wird. Ein Ziel des Forschungsvorhabens war es daher, mittels Temperaturabsenkung bei der Verdampfung und Kristallisation die Saccharoseverluste und die Farbstoffbildung zu vermindern. Dadurch kann der apparative und energetische Aufwand für die Kristallisation bei gleichzeitiger Erhöhung der Betriebssicherheit und der Produktqualität verringert werden. Ein weiteres Ziel war, das Verständnis der Zusammenhänge zwischen Farbstoffbildung und Farbstoffstruktur einerseits und Zuckerqualität andererseits zu vertiefen. Bei den Zuckerfarbstoffen handelt es sich hauptsächlich um Melanoidine, deren Bildung von der Zusammensetzung und der thermischen Belastung der technischen Saccharoselösungen abhängt. Für die Bildung von Melanoidinen spielen a-Dicarbonylverbindungen eine zentrale Rolle. Im Forschungsvorhaben sollten daher Untersuchungen zur Bildung und zur Struktur der Zuckerfarbstoffe mit verfahrens-orientierten und energetischen Untersuchungen verknüpft werden. Forschungsergebnis: Mit Hilfe umfangreicher kinetischer, chemischer und energiewirtschaftlicher Untersuchungen wurden die Auswirkungen verringerter Temperaturen auf die Arbeitsweise einer Zuckerfabrik bewertet. Schwerpunkte waren dabei die chemischen und reaktionskinetischen Aspekte der Farbbildung, die Kristallisation und wärmetechnische Berechnungen. Zur Quantifizierung der Farbbildung wurde die von VUKOV und PATKAI entwickelte Methode der äquivalenten Wärmeeinwirkungszeiten weiterentwickelt. Die von uns modifizierte Methodekann in einem erweiterten Temperaturbereich von 65 bis 135 °C angewendet werden. Die Z-Parameter ergeben sich im Temperaturintervall von 65 bis 100 °C zu 31 K und für Temperaturen zwischen 100 und 135 °C zu 26 K. Die Untersuchungen bestätigen, dass die Farbbildung bei Reaktionstemperaturen über 100 °C sehr stark beschleunigt wird. Die Ergebnisse zeigen, dass die Farbbildungsreaktion nach zwei verschiedenen Mechanismen verläuft. Die Aktivierungsenergie der nichtenzymatischen Bräunungsreaktion entspricht für Temperaturen bis 100 °C 76,8±3,0 kJ/mol. Die Aktivierungsenergie bei Temperaturen über 100 °C beträgt 112,1±2,7 kJ/mol. Um die Auswirkungen der aus wärmewirtschaftlichen Gründen abgesenkten Temperatur auf die Kristallisationsgeschwindigkeit zu kompensieren, muss die Übersättigung um etwa 0,02 angehoben werden. Die Kristallisationsversuche ergaben weiterhin, dass etwa 0,8 bis 1 % der Magmafarbe im Zucker wiederzufinden ist. Da die Farbbildung bei niedrigerer Temperatur wesentlich reduziert wird, kommt es zu einer Verbesserung der Zuckerqualität, so dass der Zucker der zweiten Kristallisationsstufe als Mischung mit dem Zucker der ersten Kristallisationsstufe vermarktet werden kann. Im Gegensatz zu der weit verbreiteten Ansicht, dass eine Temperaturabsenkung in der Verdampfstation zu einer Vergrößerung des Dampfverbrauchs führt, konnte gezeigt werden, dass bei gleichzeitiger Verringerung der Temperatur in der Kristallisation der Energieverbrauch bei der Zuckergewinnung geringfügig gesenkt werden kann. Die Temperaturabsenkung in der Verdampfstation auf ca. 110 °C aus der modifizierten Prozesssimulation ist durch neue chemische Erkenntnisse der Farbstoffbildung in technischen Saccharoselösungen begründet. α-Dicarbonylverbindungen sind die bedeutendsten Intermediate der Farbbildungsreaktion im Prozess der Zuckerherstellung. Aus dem Spektrum von derzeit acht quantifizierbaren α-Dicarbonylverbindungen konnten drei Verbindungen selektiert werden, die in saccharosereichen Zuckerlösungen von großer Bedeutung sind. Dabei handelt es sich um 3-Desoxyhexosulose (3-DH), ein während der ionischen Maillard-Reaktion gebildetes Intermediat, d-Glucoson, ein oxidativ gebildetes Produkt und Methylglyoxal, ein Fragmentierungs- und Oxidationsprodukt der Maillard- Reaktion. Für die drei α-Dicarbonylverbindungen konnte ein spezifischer, temperaturabhängiger Bildungsweg aufgezeigt werden. So ist 3-DH bei Temperaturen >110 °C das dominierende α-Dicarbonyl mit Maximalkonzentrationen von bis zu 1.400 mg/kg TS (130 °C). In technischen Saccharoselösungen (Verdampfstation) konnten besonders hohe Konzentrationen der 3-DH detektiert werden und eine direkte Korrelation zu den Farbwerten der Saccharoselösungen nachgewiesen werden. Bei Temperaturen < 100 °C wird bevorzugt D-Glucoson gebildet. Der Einfluss von D-Glucoson auf die Farbbildung kann aufgrund dieses spezifischen Bildungsweges auf den Temperaturbereich < 100 °C eingegrenzt werden. Im technischen Prozess der Zuckerherstellung nimmt D-Glucoson insbesondere im Verfahrensschritt der Saftreinigung eine besondere Bedeutung ein. Bei Untersuchungen während der Kampagne 2004 wurden stark erhöhte Konzentrationen beispielsweise des D-Glucosons mit bis zu 600 mg/kg TS in der Vorkalkung gemessen. Methylglyxoal nimmt eine Zwischenstellung innerhalb der drei bedeutenden α-Dicarbonylverbindungen ein und kann in Bezug auf die Farbbildung nicht einem bestimmten bevorzugten Temperaturintervall zugeordnet werden. Die ermittelten Konzentrationen liegen im unteren Konzentrationsbereich von 5 mg/kg TS bis 50 mg/kg TS. Methylglyoxal wird in der Literatur allerdings als potentiell hochreaktive Farbbildungskomponente beschrieben. Ergebnisse aus GPC-Untersuchungen zeigen, dass Methylglyoxal in einer frühen Phase der Reaktion bei hohen Temperaturen (130 °C) in besonderem Maße zur Farbbildung beiträgt und vor allem höhermolekulare Farbfraktionen bildet. Anhand weiterer gelpermeationschromatographischer Untersuchungen konnte gezeigt werden, dass mit der Bildung der bedeutenden α-Dicarbonylverbindung 3-DH die Bildung einer niedermolekularen Fraktion verbunden ist und dies gleichzeitig mit einer intensiven Farbbildung einhergeht. In den technischen Saccharoselösungen aus der Kampagne 2003 wurde die niedermolekulare Fraktion nur in dem Dicksaft nachgewiesen, der farblich stärker belastet war und in dem eine höhere Konzentration an 3-DH quantifiziert werden konnte. Untersuchungen zur Molekülgrößenverteilung von Zuckerfarbstoffen in Nachproduktzucker zeigten, dass dieselben Molekülgrößenfraktionen wie in den bereits untersuchten Dicksäften nachgewiesen werden konnten. Diese farbrelevanten Fraktionen konnten den Farbstoffen zugeordnet werden, die in das Zuckerkristall eingebaut werden. Der Bildungsmechanismus von Zuckerfarbstoffen ist direkt an die genannten α-Dicarbonylverbindungen gebunden. Die Untersuchungen zeigten, dass in Abhängigkeit von den in den technischen Saccharoselösungen gebildeten α-Dicarbonylverbindungen diskrete Farbfraktionen mit unterschiedlichen Bräunungsverhalten gebildet werden.

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